Auf die Walz gehen
Jugendliche erwanderten sich zwischen Bröl und Sieg traditionelle Handwerksberufe und nachhaltig arbeitende Betriebe.
Auf die Walz gehen
Wir wanderten von einem Übernachtungsort zu einem weiteren und wechselten von einer „Baustelle“ und einem „Auftraggeber“ zu einem weiteren, lernten hier die einen handwerklichen Fertigkeiten und Anleiter kennen, dort andere.
Geht es auf der Baustelle im Netz-Werk-Garten Waldbröl um Maler-, Lackierer- und Schreinereiarbeiten und Garten-Landschaftsbau, so sind im ‚KultURwald‘ Windeck Forst- und Zimmererarbeiten gefragt.
Die etwa einstündigen Fußmärsche vom Übernachtungslager zu den jeweiligen Baustellen verwiesen einerseits auf frühere Lebenshärten, aber auch auf die gesamtgesellschaftliche Leistung von Fußgänger*innen und Wander*innen, die auf Autofahrten verzichten. Die Gruppe lief dabei nicht einfach neben einer befahrenen Straße entlang, sondern bewegte sich bewusst auf Wald- und Wanderwegen, auf Erlebnisschleifen des Siegsteigs oder suchte sich Abkürzungen querfeldein.
Der Park „Panarbora“ ist mit der eingebetteten Jugendherberge mehr als eine Übernachtungsmöglichkeit. Die Wohneinheiten, der Aussichtsturm, der lehrreiche Baumwipfelpfad – alles Musterbeispiele für handwerklich gekonntes Bauen mit natürlichen Materialien inmitten eines naturnah gestalteten Geländes in einer waldreichen Umgebung. Der Blick vom Turm über die weiten Wälder bis zum Rhein, über den Westerwald bis ins Siegerland und Bergisches Land macht neugierig, die Welt zu entdecken. Und die Stationen des Baumwipfelpfades geben eine Ahnung davon, dass Wald und Holz auch Berufswelten darstellen, die es lohnt, unter die Lupe zu nehmen, wenn man an seine berufliche Zukunft denkt.
Die Lagerfeuerstelle im Mittelpunkt der Wohneinheit „Südamerika-Dorf“ lud die Camp-Gruppe abends dazu ein, Berufstätige zu interviewen. Wie kam die Goldschmiedemeisterin als junges Mädchen zu ihrem Ausbildungswunsch? Warum ging sie ins Ausland und wechselte öfter die Schmuckwerkstätten? Kann man als Frau und Mutter ein Schmuckgeschäft mit mehreren Angestellten führen und wie steckt man die körperliche Anstrengung und die gesundheitlichen Risiken des Berufs weg? Wie kommen junge Absolventinnen in der Forstwirtschaft mit meist älteren, männlichen Waldbesitzern klar, wenn sie sie bezüglich der Borkenkäferplage beraten wollen? Werden sie sich gegen männliche Konkurrenten durchsetzen können, wenn es um die Vergabe eigener Forstreviere geht? Fragen und Antworten, die einen weiterbringen können.
Einen ganzen Tag dauerte die Wanderschaft, um über die Nutscheid ins Windecker Ländchen an der Sieg zu kommen. Dabei werden die abgestorbenen und zum Teil abgeholzten Fichtenbestände auf weiten Flächen des Staatsforstes als waldwirtschaftliche und ökologische Katastrophe wahrgenommen, die dazu anspornt, etwas für die Wiederbewaldung beitragen zu wollen.
In der Gruppe weite Wege zu gehen, schmiedet zusammen, genauso wie das gemeinsame Picknicken unter freiem Himmel an besonderen Orten. Wenn dann nach dem Picknick am Fuße der Burgruine Windeck Bogenschießen angeboten wird, ist der Wandertag vollends keine reine Streckenbewältigung, sondern ein Erlebnis.
Die Wanderung führte weiter in den kleinen Ort Wilberhofen zur Firma Yellotools. Inhaber Michael Althoff kann sich mit den hier produzierten Spezialwerkzeugen für Werbetechniker auf dem Weltmarkt behaupten. Wie er das anstellt, wurde bei der Führung durch Werkstätten, Lager und Büros deutlich, in denen er unter anderem in sechs verschiedenen Berufen ausbildet. Bei Yellotools geht es um die Optimierung aller Arbeitsabläufe unter Einbeziehung der kompletten Belegschaft und um eine Entwicklung hin zu CO2-Einsparung, Ressourcen- und Umweltschutz, zu weniger Abfall und zu mehr Recycling, zu weniger Verschwendung und zu mehr Verantwortung.
Zu Fuß wurde auch das Schlaflager in der Waldjugendherberge Rosbach/Sieg erreicht, wo am Abend ein Lagerfeuer angezündet und Line-Dance geprobt wurde.
Am neuen Ort galt erneut: Zur neuen Arbeitsstelle weite Wege über Stock und Stein mitten durch den Wald gehen, beim Arbeiten am Wildschutzzaun als Gruppe die richtige Arbeitsteilung hinbekommen und sich gegenseitig zu motivieren, noch vor dem Ende des guten Wetters fertig zu werden.
Wandercamp heißt auch, am letzten Tag richtig nasse Füße zu bekommen, sich Regenjacken zu teilen und selbst auf den letzten Kilometern bis zum Bahnhof nicht zu jammern. Im Gegenteil – die meisten würden es glatt noch mal machen! Walzing Workcamp – eine echt gute Erholung vom Homeschooling der Corona-Shutdown-Zeiten!
Realisiert von den Teilnehmenden des Camps
Entstanden im
mach Grün! „Walzing Workcamp“
zwischen Bröl und Sieg vom 02.-06.08.2021
rund um die Jugendherberge „Panarbora“ und Waldjugendherberge Windeck-Rosbach | umgesetzt von VSB gGmbH und GTC Gummersbach GmbH
Junge Ideen für eine grüne Zukunft
Unternehmen, Organisationen oder Kommunen stellen bei mach Grün! reale Nachhaltigkeits-Fragestellungen aus ihrer Praxis. Jugendliche aus den Camps entwickeln zu einer solchen Praxis-Challenge ihre eigenen Ideen und setzen diese um.
Die Praxis-Challenge: von VSB und GTC
Auf die Walz gehen – Wandern, um zu arbeiten
Handwerksberufe haben eine Besonderheit – man kann auf die Walz gehen, um Neues, Andersartiges zu entdecken und den Horizont zu erweitern. Das ist die Inspiration für mach Grün!, im Camp traditionelle Handwerksberufe zu erwandern sowie innovativ und nachhaltig arbeitende Betriebe kennenzulernen.